INFO-MARKT: Wie entwickelten sich im öffentlichen Beschaffungswesen für MFPs, Drucker und Scanner das Umsatzvolumen und die Zahl ausgeschriebener Geräte im Jahr 2024? Wie begründen Sie diese Entwicklung und welche Besonderheiten sind Ihnen im Vergleich zu den Vorjahren im Behörden-Geschäft aufgefallen?
Dr.Robert Dekena: Die Zahl der ausgeschriebenen Geräte in 2024 (rund 140.000) liegt über den Jahren 2021 und 2022 (-> Tabelle 1). Es waren auch schon einmal mehr Geräte (2019, 2020, 2023). Aber eine deutliche Reduzierung der Gerätezahlen ist nicht zu erkennen. Da nicht für alle Ausschreibungen die Umsatzzahlen veröffentlicht werden, sind die Umsätze generell vorsichtig zu bewerten. Allerdings fällt auf, dass das Umsatzvolumen (2024: hochgerechnet 523 Millionen Euro) nach einem Einbruch in 2021 weiter stark ansteigt. Dahinter verbergen sich wahrscheinlich eine Verlagerung auf teurere Systeme, zusätzliche Software und Dienstleistungen, aber auch die allgemeine Inflation. Ansonsten fällt auf, dass die hohe Anzahl an ausgeschriebenen Rahmenverträgen in 2023 nicht weiter steigt, sondern wieder zurückgeht.
INFO-MARKT: Wie fällt die letztjährige Bilanz für den Direktvertrieb und den Fachhandel im Behörden-Geschäft aus? Und wie entwickelten sich die Auftrags- und Umsatzlage der beiden Segmente?
Dr.Robert Dekena: Auffällig ist die starke Steigerung der gewonnenen Ausschreibungen durch den Fachhandel (von 45 Prozent auf 59 Prozent). Hierbei ist anzumerken, dass auch die Anzahl der erfolgreichen Fachhändler zunimmt. Haben in den letzten Jahren immer rund 50 unterschiedliche Fachhändler gewonnen, steigt deren Anzahl in 2024 auf mindestens 64 (-> Tabelle 2). Gleichzeitig zeigt sich auch, dass der Fachhandel seine Stärken eher bei den nicht ganz so großen Ausschreibungen und nicht bei den Rahmenverträgen ausspielen kann. Was das Umsatzvolumen angeht, hat der Direktvertrieb die Nase deutlich vorne mit einem Anteil von 70 Prozent (= rund 364 Millionen Euro) (-> Grafik 1). Nach durchaus ordentlichen Anteilen in den letzten Jahren schwächeln in 2024 die Systemhäuser im betrachteten Markt für Drucker, MFPs und Dokumenten-Scanner.

INFO-MARKT: Welche Karten kann der Fachhandel gegenüber dem Direktvertrieb im Geschäft mit öffentlichen Auftraggebern ausspielen? Und welche grundsätzlichen Tipps können Sie Fachhändlern geben, um eine Ausschreibung für sich zu entscheiden?
Dr.Robert Dekena: Zu allererst einmal gilt die Aussage: „Wer kein Angebot abgibt, gewinnt keinen Auftrag“. Um Ausschreibungen dann zu gewinnen, sehe ich gerade für den Fachhandel zwei Möglichkeiten. Entweder können Fachhändler ihr individuelles Portfolio aus Hardware, Software, Dienstleistungen und Prozessen den Behörden in deren Markterkundungs-Phase vor der Ausschreibung im Rahmen ihrer Vertriebsaktivitäten so schmackhaft machen, dass diese speziellen Leistungen in der Leistungs-Beschreibung nachgefragt werden. Oder aber sie müssen das „wirtschaftlichste“ Angebot auf die fertig formulierte Ausschreibung abgeben. Bei beiden Ansätzen bleibt zu bedenken, dass der jeweilige Fachhändler nicht allein ist, sondern auch andere Bieter den Auftrag für sich gewinnen wollen.
INFO-MARKT: Welche Leistungen bietet Dokulog für Fachhändler und Systemhäuser an, die zusätzliches Know-how für das Behörden-Geschäft erwerben möchten oder nach einer professionellen Unterstützung bei Ausschreibungen suchen?
Dr.Robert Dekena: In den letzten Monaten und Jahren habe ich zahlreiche Workshops gerade für Fachhändler rund um das Thema Ausschreibungen sehr erfolgreich durchgeführt. Wir diskutieren darin sehr viel über die Möglichkeiten des Behörden-Geschäfts. Dazu bringe ich meine Erfahrungen aus 30 Jahren Begleitung von öffentlichen Vergabeverfahren ein. Anhand meiner Kennzahlen kann ich die Chancen für Fachhändler in diesem speziellen Markt sehr gut aufzeigen. Meine Ausschreibungs-Tabellen helfen darüber hinaus, interessante Vergaben schon vor der Veröffentlichung zu identifizieren. Wer weiß, wann eine Behörde demnächst wieder ausschreiben muss, kann seine eigene Vertriebsplanung darauf ausrichten und sich vertriebsmäßig darauf vorbereiten. Nicht zuletzt unterstütze ich bei Fragen der Angebots-Gestaltung, helfe bei Bieterfragen oder formuliere eventuell geforderte Konzepte.
INFO-MARKT: Welche Kriterien spielen neben dem Preis Ihrer Beobachtung nach derzeit eine wichtige Rolle für den Zuschlag bei Ausschreibungen?
Dr.Robert Dekena: Die Dokulog-Kennzahlen zu den europaweiten Ausschreibungen von Druckern, MFPs und Dokumenten-Scannern zeigen, dass in 2024 nur in 26 Prozent der Fälle der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist. Das bedeutet, dass in drei Viertel der Ausschreibungen andere Kriterien wie zum Beispiel die Leistungsfähigkeit der Systeme und der Software, Nachhaltigkeits- und Umweltfaktoren, bestimmte Konzepte oder ein Test mit in die Bewertung einfließen. Der Preis ist also bei weitem nicht alles.

INFO-MARKT: Wie gestaltet sich die jeweilige Wettbewerbs-Situation im Behörden-Geschäft bei Office- und Produktionsdruckern? Und welche Fachhändler, Systemhäuser oder Hersteller sind in den zwei genannten Segmenten besonders aktiv?
Dr.Robert Dekena: Im Office-Umfeld finden wir ein breites Spektrum an unterschiedlichen Fachhändlern und einigen Direktanbietern, die sich um die Aufträge rangeln. Dabei gewinnt eine steigende Anzahl an Fachhändlern zusammen fast zwei Drittel aller Ausschreibungen. Immer mehr Fachhändler entdecken das Marktpotential der öffentlichen Hand für sich und beschäftigen sich mit dem Behörden-Geschäft. Von den Direktanbietern ist hier insbesondere die Firma TA Triumph-Adler zu nennen. Im Produktions-Umfeld sieht die Situation anders aus. Hier liegen die Stärken beim Direktvertrieb von Canon, Konica Minolta und Ricoh. Hinzu kommt mit der Firma CHG auch noch ein Finanzierungs-Unternehmen, das selber Angebote abgibt.
INFO-MARKT: Gerade bei komplexeren Ausschreibungen gibt es in der Regel nur wenige Bewerber und nicht selten wird nur ein einziges gültiges Angebot abgegeben. Wie stellt sich aktuell die grundsätzliche Wettbewerbs-Situation bei öffentlichen Vergabeverfahren dar?
Dr.Robert Dekena: Ja, es ist so, dass oft nur wenige Angebote abgegeben werden. Das gilt für den Produktions-Bereich noch mehr als für den Office-Bereich. In 2024 wurde in 27 Prozent der europaweiten Ausschreibungen, das heißt über einer geplanten Auftragssumme von über 221.000 Euro, überhaupt nur ein einziges Angebot abgegeben. Diese Zahl stellt sämtliche Ausschreibungs-Verfahren in Frage und behindert den gewollten Wettbewerb. Mehr Angebote heißt nun einmal mehr Wettbewerb. Gleichzeitig steigt die Unsicherheit, ob die wenigen Angebote überhaupt wirtschaftlich sind oder doch überteuert. Das ganze System der Vergabeverfahren über Ausschreibungen hängt an den abgegebenen Angeboten. Deshalb kann der Markt nur begrüßen, wenn sich mehr Fachhändler an dem Geschäft beteiligen. Die Anzahl der Direktanbieter ist sowohl im Office- als auch Produktions-Umfeld doch sehr überschaubar.
26.03.2025
